Ahrensburg (ve). Ein klares Bekenntnis zu der Johanneskirche und ein schwerer Stand für Pastorin Ursula Wegmann – das sind die Signale, die die Ahrensburger Protestanten gestern in ihrer Kirchengemeindeversammlung gesendet haben. Mit dramatischen Momenten.
Gemeindeversammlung der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Ahrensburg im Kirchsaal Hagen.
Drei Anträge wurde am Ende eines langen Abends wurden von der Gemeindeversammlung mit großer Mehrheit und zum Teil gegen die Stimmen des Beauftragtengremiums verabschiedet: Die Entwidmung der Johanneskirche nicht weiter zu betreiben, die Erlöse aus dem Verkauf des Geländes neben der Kirche als Rücklage für die Johanneskirche einzusetzen und die Debatte über die Standorte der Ahrensburger Kirche insgesamt neu zu führen. Dabei geht es immer um die St. Johanneskirche.
Versammlung der Kirchengemeinde: Darum muss die Nordkirche Standorte schließen
Der Abend begann nach einer Andacht mit einem Vortrag von Pastor Jürgen Barth, Leiter der Organisationsberatung des Kirchenkreises Hamburg-Ost, der ausführlich die Notwenigkeit erläuterte, dass kirchliche Standorte geschlossen werden müssen. Die Kirche müsse auf die sinkende Anzahl von Mitgliedern reagieren. Vor diesem Hintergrund hätte sich für Ahrensburg ergeben, dass in einer Gemeinde von 11.500 Mitgliedern zwei Standorte finanzierbar sind – nicht vier, wie derzeit. In Ahrensburg ist das seit langem Thema, denn unter anderen der Beitrieb der vier Standorte führte zu der schwierigen Haushaltslage.
Sie führte aber auch 2013 zu dem Beschluss des damaligen Kirchengemeinderates, für die St. Johanneskirche die Entwidmung zu beantragen. Die Vorgespräche dazu wurden in nicht öffentlicher Sitzung des Gemeinderates geführt. Daran wie auch vorher an dem Umgang des Kirchengemeinderates mit den Vorfällen des sexuellen Missbrauchs in der Gemeinde entzündete sich Unmut, der schließlich zum Rücktritt von Mitgliedern und damit zur Auflösung des Kirchengemeinderates geführt hatte. Seitdem werden die Geschicke der Gemeinde von einem Beauftragtengremium geleitet.
Gemeindeversammlung der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Ahrensburg im Kirchsaal Hagen: Pastorin Ursula Wegmann, Vorsitzende des Beauftragtengremiums, wurde von Kirchenmitgliedern im Saal persönlich angegriffen.
Das bedeutet aber auch, dass der Beschluss zur Johanneskirche von einem Gremium erfolgt ist, dessen Unterstützung in der Gemeinde heute zumindest stark in Zweifel steht. Dies spaltet die Gemeinde in ein Lager, das mit allen Kräften versucht, den Standort Johannes zu erhalten – und in ein Lager mit allen anderen. Und diese beiden Lager sind gestern erneut aneinander geraten.
Schließung der St. Johanneskirche: Beschluss des Kirchengemeinderates ausreichend
Die Gemeinde sei im Rahmen des vorgesehenen Procedere an dieser Entscheidung gegen die Johanneskirche beteiligt gewesen – nämlich über den Kirchengemeinderat und über eine Beteiligung der Synodalen an den Besprechungen auf Kirchenkreisebene, argumentieren Propst Hans-Jürgen Buhl und Jürgen Barth. Das sahen viele im Saal nicht als „Beteiligung einer Gemeinde“, „die Sitzungen waren doch nicht öffentlich“, hieß es. Und das eindeutige Votum im Saal zu den Anträgen zeigt, dass viele in der Gemeinde sich einen Erhalt der Johanneskirche wünschen – oder zumindest, dass die anderen nicht zu dieser Versammlung gekommen waren.
Gemeindeversammlung der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Ahrensburg im Kirchsaal Hagen: Propst Hans-Jürgen Buhl versuchte die Wogen im Saal zu glätten.
Der Zwist, das trat deutlich zu Tage, fördert das Misstrauen. Nach wie vor regt sich Unmut zwischen dem Beauftragtengremium und den Gemeindegliedern im Saal, kleine Äußerungen führen schnell zu aufgeregten Debatten. Eine Frau im Saal wirft Ursula Wegmann mit deutliche Worten vor, durch ihre „brüske Art“ würde die Vorsitzende des Beauftragtengremium immer wieder die Wünsche und Interessen Anwesender abbügeln und übergehen. „So geht man nicht miteinander um“, so die Frau.
Oder die Frage des Ehrenamtes. Dorothea Thie, zuständig für die Ehrenamtler in der Gemeinde, sagte, die Ehrenamtlichen in der Johanneskirche würden nicht für die Kirchengemeinde tätig sein. Laute Entrüstung im Saal. Formal ist das Ehrenamt an St. Johannes Teil und Voraussetzung der Finanzierungs- und Nutzungsvereinbarung zwischen der Kirchengemeinde und dem Förderverein St. Johannes, also vertraglich geregelt. Doch die Ehrenamtler an der Johanneskirche sehen es als Engagement „gerade für die Kirchengemeinde“, so einer der Aktiven an der Johanneskirche.
Kirchengemeinde Ahrensburg: Konsolidierung des Haushaltes
Bleibt das Thema Haushalt. Von Gemeindegliedern in Zweifel gezogen wurde auch der Haushalt der Kirchengemeinde und sein strukturelles Defizit. Ursula Wegmann benannte die Eckdaten des Haushaltes – und sofort entzündete sich Streit über die Höhe der Nachzahlungen aus erhöhten Kirchensteuereinnahmen. Kirchenmitglieder im Saal zogen die Zahlen in Zweifel.
Die weitere Haushaltskonsolidierung sei nur möglich, in dem die Kosten für Gebäude reduziert würden, schilderte es Wegmann. Ein zweiter Weg – sei am Rande erwähnt – ist die Übertragung finanzieller Zuständigkeit für die kirchlichen Kindergärten an die Stadt Ahrensburg, dabei geht es um die Anrechnung von Sachleistungen wie Miete auf die geleisteten Kosten. Verhandelt wird darüber am kommenden Dienstag, 9. Februar 2016, im Sozialausschuss. Der Haushalt der Kirchengemeinde könnte dabei um 47.000 Euro jährlich entlastet werden, so Wegmann.
Die Gräben innerhalb der Kirchengemeinde Ahrensburg sind nach wie vor tief. Auch wenn in der Gemeinde „viel Gutes geleistet wurde und wird“, wie Propst Buhl betonte, und man daran arbeite, wieder eine Kirchengemeinde zu werden – noch konnte auf keiner dieser Versammlung der vergangenen Zeit wirklich ein positives Signal gesetzt werden. Blickt man – wie ahrensburg24.de – von außen auf die Parteien, kann man sich eines Eindrucks nicht erwehren: Misstrauen gibt es auf beiden Seiten reichlich.
Gemeindeversammlung der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Ahrensburg im Kirchsaal Hagen. Pastor Jürgen Barth von der Beratungsstelle für kirchliche Arbeit der Nordkirche.
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