Ahrensburg (ve). Ist die aktuelle Situation in Deutschland und die Debatte um die Hilfe für Flüchtlinge eine Gefahr für unsere Demokratie? Darüber haben kürzlich Interessierte bei einer Veranstaltung in der Ahrensburger Stadtbücherei debattiert, zu der die Friedrich-Ebert-Stiftung eingeladen hatte. Und die Referenten auf dem Podium haben die Ausgangsfrage definitiv nicht verneint.
“Intoleranz, Diskreminierung und Rassismus: Demokratie in Gefahr?” fragte die Friedrich-Ebert-Stiftung bei einer Veranstaltung in der Ahrensburger Stadtbücherei. Auf dem Podium: Moderatorin Mirjam Gläser vom Beratungsnetzwerk Schleswig-Holstein, der Rechtsextremismus-Experte Ramses Oueslati, der Journalist und Buchautor Andreas Speit und der SPD-Landtagsabgeordnete Tobias von Pein (von links).
Auf dem Podium waren neben dem SPD-Landtagsabgeordneten Tobias von Pein der Lehrer und Extremismus-Experte Ramses Oueslati und der Journalist und Buchautor Andreas Speit, der unter anderem für die taz und den “Freitag” schreibt. Moderiert wurde der Abend von Mirjam Gläser vom Beratungsnetzwerk Schleswig-Holstein.
Eine Gefahr für die Demokratie könnte die derzeitige gesellschaftliche Situation werden, wenn es nicht gelinge, die rechtsextremistischen Kräfte zu kontrollieren, so die Aussage auf dem Podium. “Demokratie ist Arbeit”, betonte Tobias von Pein, “es ist wichtig, immer wieder mit Argumenten und Erklärungen auf Anfeindungen und Rechtspopulismus zu reagieren.” Wobei er sich selber eine Grenze setzte: “Mit manchen Rechtsextremen kann an nicht mehr debattieren, sie sind jenseits unseres demokratischen Selbstverständnisses.”
Andreas Speit: Wo liegt die Grenze des Tolerierbaren?
Andreas Speit sah dies ähnlich und verwies auf die hohe Prozentzahl an Menschen, die sich eher schweigend den rechtspopulistischen Argumenten nahe fühlen würden. Speit: “Das sind bis zu 40 Prozent der Bevölkerung. Es ist wichtig, diesen Menschen zu vermitteln, wo die Grenze des Tolerierbaren liegt. Die Ängste und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger müssen benannt werden, aber auch der Punkt, wo diese Ängste und radikale Positionen nicht mehr tolerierbar sind.”
Vielfach beruhten die Ängste auf Unkenntnis, Tobias von Pein: “Intoleranz ist verstärkt dort zu finden, wo der Prozentsatz an ausländischer Bevölkerung gering ist.” Dem trat Ramses Oueslati mit einen Aufruf zum Hinterfragen der Denkmuster entgegen: “Wer ist denn radikal? Wer lässt sich denn von religiösem Fanatismus leiten? Zum Beispiel der frühere amerikanische Präsident George W. Bush, dessen Politik auf dem Glauben beruht, die Menschheit stamme von Adam und Eva ab.”
Christentum und Islam: Wer ist radikal?
Das Christentum und der Islam unterscheide sich nicht maßgeblich in punkto Radikalität, Extremismus und Terrorgefahr, so Oueslati. Die Ängste in Europa seien allerdings vielfach materialistisch geprägt, Radikalität entstehe dort, wo “die Oberschicht geprägt ist vom kalten Ökonomismus, die Mittelschicht Angst hat vor dem sozialen Abstieg und die Unterschicht sich aufgrund fehlender Chancen abgehängt fühlt – oder abgehängt ist.” Seit dem Terroranschlag auf das World Trade Centre am 11. September 2001 werde dafür der Islam verantwortlich gemacht.
“Intoleranz, Diskreminierung und Rassismus: Demokratie in Gefahr?” fragte die Friedrich-Ebert-Stiftung bei einer Veranstaltung in der Ahrensburger Stadtbücherei. Etwa 70 Interessierte kamen zu der Veranstaltung.
Scharfe Kritik aus dem Saal musste die Politik über sich ergehen lassen. Die Politiker hätten nicht das Selbstbewusstsein, klar die Einwanderungssituation Deutschlands zu benennen und dies positiv zu besetzen. Auch auf die Sorgen und Ängste der besorgten “schweigenden Mehrheit” reagiere die Politik zu schwach. “Wissen wir denn, wer nach Deutschland kommt? Wie wird das kontrolliert, dass keine terroristischen Extremisten darunter sind?”, wurde gefragt. “Da ist Politik gefragt, dies klar zu kommunizieren.”
Das genau dies nicht geschehe, kritisierte auch Andreas Speit: “Dort, wo die Politik dem Rechtsextremismus Raum gibt, fühlt er sich bestätigt.” Es sei falsch zu glauben, dass das Zugeständnis gegenüber rechtspopulistische Positionen den Rechtsextremismus binden und kontrollieren könne. “Die Menschen haben berechtigte Ängste. Aber der Rechtsextremismus bedient diese Ängste und nutzt sie für sich, er will nicht in einem demokratischen Prozess über diese Ängste debattieren oder diese gar mindern.”
“Intoleranz, Diskreminierung und Rassismus: Demokratie in Gefahr?” fragte die Friedrich-Ebert-Stiftung bei einer Veranstaltung in der Ahrensburger Stadtbücherei. Auf dem Podium: Moderatorin Mirjam Gläser vom Beratungsnetzwerk Schleswig-Holstein, der Rechtsextremismus-Experte Ramses Oueslati, der Journalist und Buchautor Andreas Speit und der SPD-Landtagsabgeordnete Tobias von Pein (von links).
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